Motivation und Mehrwert

 

Nach einigen Verschiebungen, die durch die Coronapandemie bedingt waren, war es am 27.September 2021 endlich so weit:  Acht SchülerInnen und vier Lehrerinnen des Johann-Joseph-Fux-Konservatoriums brachen gemeinsam in die bulgarische Stadt Pleven auf, um dort gemeinsam mit ihren bulgarischen KollegInnen Ensembleproben, Meisterklassen und Konzerte zu erleben. Aufgrund der vielen mit dem Schulstart verbundenen Arbeiten, konnte ich erst drei Tage später nachreisen. Während des 75-minütigen Flugs nach Sofia ergab sich die Zeit, sich einige Gedanken zu Austauschprojekten und zum Mehrwert des Erasmus+ Programms zu machen.

Die Reisemotivation

 

Ob, wie es salopp heißt, Motivation wirklich alles ist, soll in diese Betrachtungen nicht vordergründig einfließen. Aber definitiv ist Motivation sowohl bei Lernenden als auch bei Lehrenden ein ganz wichtiger Faktor. Trotz Reisestress und mancher organisatorischer Unwägbarkeiten stellen Auslandsaufenthalte eine Ergänzung und eine willkommene Alternative zum normalen Unterrichtsalltag dar. Die Aussicht, neue fachliche Impulse zu erhalten und sich mit Gleichgesinnten aus einem anderen Land und einer anderen Kultur messen zu können, bewirkt bei allen Schülerinnen eine besondere Motivation, sich auf diese besondere Gelegenheit bestens vorzubereiten, indem vor allem die Musikstücke, die beim folgenden Auslandsaufenthalt gearbeitet werden sollen, besonders gründlich und engagiert geübt werden. Selbst bei Schülerinnen, denen das konsequente Üben nicht in die Wiege gelegt wurde, ergeben sich in der erwartungsvollen Situation einer bald folgenden Reise, positive Motivationsschübe, die sich auf anderem Weg wohl kaum ergeben hätten.

Und welcher Mehrwert ergibt sich, abgesehen von den beschriebenen Motivationsschüben, für Lehrerinnen, Schülerinnen und Musikschulleitungen  während der Tage, die, wie in diesem Fall, im EU-Ausland verbracht werden? 

 

Lehrerinnen sind in erster Linie mit der Organisation der Reise und der Vorbereitung des Unterrichtsinhaltes beschäftigt. Die sorgsame Vorbereitung der Reise und das Kommunizieren aller Details an die Schülerinnen schafft eine besondere Bindung zwischen Schülerinnen und Lehrerinnen, die dauerhaft in Erinnerung bleiben wird. Eigentlich nicht erwähnen bräuchte man auch, dass eine erfolgreiche Abwicklung der Reise das Selbstvertrauen aller Beteiligten stärkt und dass auch vertrauensvolle Bindungen zwischen Direktion und den mitarbeitenden PädagogInnen aufgebaut werden. Nach jeder Reise, die von den Klassen des Konservatoriums in den vergangenen Jahren unternommen wurde, kam von selbst die Frage auf, wann denn die nächste Reise folgen würde. Ein definitive Selbstläufer… . 

 

Ein anderes fast automatisch auftretendes Phänomen ist die Aussage von Schülerinnen, die anfangs Schwierigkeiten mit dem vielfach höheren Ausbildungsniveau im europäischen Ausland hatten, dass sich hartes Arbeiten und Üben während der Mobilität lohnen und dass man mit hohem Einsatz wesentlich mehr erreichen kann, als bislang angenommen. Es versteht sich von selbst, dass während der Aufenthalte im Ausland, auch Freundschaften entstehen, die vielfach länger andauern. Was für eine Stärkung der eigenen Absichten ist es, wenn man bemerkt, dass beispielsweise bulgarische Jugendliche ähnliche Erfahrungen auf dem Konzertpodium gemacht haben, an denselben Dingen Interesse haben und ebenfalls am Aufbau von Freundschaften und internationalen Kontakten interessiert sind. Was für ein Mehrwert ist es zusätzlich, wenn Jugendliche ihre in der Schule erworbenen sprachlichen Fähigkeiten einsetzen und wenn aus der intensiven Begegnung, die während einiger Tage des Miteinanders, auch soziale Schranken und möglicherweise vorhandene kulturelle Vorurteile fallen.